This month, the Tenth Review Conference of the Non-Proliferation Treaty (NPT) is taking place in New York City. The meeting of states parties, postponed four times because of the Covid pandemic, had originally been scheduled for April 2020. With Russia’s war of aggression against Ukraine, the geopolitical context has since deteriorated to the point where progress on nuclear disarmament and nonproliferation seems almost impossible. The war and Russia’s nuclear threats are fostering a renaissance of nuclear deterrence and rearmament and are threatening to deepen pre-existing fissures in the NPT. To counter the looming erosion of this cornerstone of global arms control, we need to acknowledge the darker side of nuclear deterrence that the Ukraine war is exposing. Understanding the current crisis as a crisis of nuclear deterrence can open up opportunities for de-escalation, disarmament and arms control – similar to the transformative effects of the Cuban Missile Crisis during the Cold War.
Author: Maren Vieluf
New York, Kiew, Havanna: Wir brauchen den Erstschlagverzicht
Im August tagt in New York die Zehnte Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrags (Non-Proliferation Treaty, NPT). Das Staatentreffen, das ursprünglich im April 2020 stattfinden sollte, wurde wegen der Corona-Pandemie viermal verschoben. In dieser Zeit hat sich mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine die politische Großwetterlage so verschlechtert, dass Fortschritte in der Abrüstung und Nichtverbreitung von Nuklearwaffen kaum möglich scheinen. Der Krieg und die nuklearen Drohungen Russlands befördern eine Renaissance der nuklearen Abschreckung und Aufrüstung und vertiefen bestehende Risse im NPT. Um der drohenden Erosion dieses Grundpfeilers der globalen Rüstungskontrolle etwas entgegenzusetzen, müssen wir gerade jetzt die Schattenseiten der nuklearen Abschreckung anerkennen, die der Ukraine-Krieg offenlegt. Die gegenwärtige Krise der Abschreckungspolitik als solche zu begreifen, kann – wie schon bei der Kuba-Krise im Kalten Krieg – Chancen für Deeskalation, Abrüstung und Rüstungskontrolle eröffnen.
Mut zur Deeskalation – Warum nukleare Abschreckung Gift ist und nicht Gegengift sein kann
Russland blieb bisher ein schneller Erfolg in seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg verwehrt. Die Annahme, dass eine mit der NATO verbündete Ukraine militärisch überlegen wäre und das nachvollziehbare Bedürfnis, die russischen Kriegsverbrechen zu sühnen, treiben Aufforderungen zum Eingreifen in den Konflikt an. Hierzu gehört auch die Aufwertung der nuklearen Abschreckung und Bereitschaft zur atomaren Aufrüstung. Nuklearwaffen seien ein Sicherheitsgarant und Teil der Abwehrstrategie gegen diesen Krieg. Es dürfe sich nur in Sicherheit wägen, wer glaubhaft mit gegenseitiger Vernichtung droht. Das Gegenteil ist der Fall: die Ausweitung der Abschreckung hat Putins Aggressionskrieg mit ermöglicht und es muss vermieden werden, Moskaus nukleare Drohungen und Provokationen gleichsam zu erwidern.