Die Covid-19 Pandemie führt weltweit zu wirtschaftlichen Verwerfungen ungekannten Ausmaßes. In der MENA-Region treffen diese auf sich bereits länger verschärfende sozioökonomische Konflikte. Der Beitrag diskutiert drei Krisen, die durch die Virusverbreitung verstärkt werden: die Arbeitsmarktkrise, verbunden mit dem Streben eines Großteils der Bevölkerung nach Anstellung im öffentlichen Sektor; die Haushaltskrise, die viele Regierungen dazu bringen wird, Unterstützung vom IWF zu suchen, dessen Konditionen sich jedoch negativ auf das Jobangebot im öffentlichen Sektor auswirken wird; und eine politische Krise der Regime, deren Legitimität bereits vor der Pandemie schwach war, durch ein schlechtes Corona-Krisenmanagement jedoch weiter ins Wanken geraten dürfte.
Author: Irene Weipert-Fenner

The Current Wave of Protests in Latin America and the MENA – A Struggle for Incorporation?
During the last months, we witnessed massive protests around the globe against authoritarian rule, social injustice and climate change. Looking more closely at the ongoing wave of contention, we find two regional hotbeds for socioeconomic protests, the Middle East and North Africa (MENA) and Latin America. In countries as different as Lebanon and Iraq, Chile and Ecuador, public contention was primarily driven by socioeconomic grievances. In a project concluded earlier this year, we compared socioeconomic protests in both regions and found striking similarities in spite of very different contexts. Studying the evolution of socioeconomic contention in Egypt and Tunisia since the 2011 revolutions against the background of Latin American experiences, we found that there are surprising similarities in the patterns of contentious politics which can be explained when we consider them as an expression of a fundamental crisis of popular-sector incorporation.

Proteste in Algerien: Was wir von Ägypten und Tunesien lernen können
Seit Wochen kommt es in Algerien zu Protesten gegen eine fünfte Amtszeit des Präsidenten Abdelaziz Bouteflika. Wieder einmal scheint die Weltöffentlichkeit über den öffentlichen Protest überrascht, dabei haben auch in Algerien zunehmende soziökonomische Proteste in den letzten Jahren auf die schwindende Legitimität des Regimes hingewiesen. Zur Einordnung der aktuellen Proteste lohnt ein Blick auf Ägypten und Tunesien, die beiden Länder, wo 2010/2011 Massenproteste langjährige Diktatoren zu Fall brachten. Auch hier hatten Konflikte um Fragen sozialer Gerechtigkeit die Macht der Autokraten über Jahre geschwächt.