Die Phänomene Rechtsextremismus und Islamismus erscheinen zunächst gegensätzlich. Zwar finden sich mit Blick auf Ideologien viele Gemeinsamkeiten. Historisch sowie in der eigenen Rechtfertigung von Gewalt gibt es jedoch auch Grenzen der Vergleichbarkeit; eine Differenzierung der Phänomenbereiche ist notwendig. Während Rechtsextreme mit dem Überleben der Rasse oder der Nation argumentieren, rechtfertigen Islamisten sich mit ihrer Interpretation des „Willen Gottes.“ Die Narrative nehmen auch Bezug aufeinander, verstärken sich reziprok und bestätigen ihre jeweiligen Weltanschauungen. Solche gemeinsamen funktionalen Elemente oder Brückennarrative wie sie David Meiering im vorangegangenen Blogbeitrag bespricht, können für die Präventions- und Deradikalisierungsarbeit relevant sein, da sie Ansätze des Dialogs beeinflussen und als best practices genutzt werden können.
Author: Till Baaken
Till Baaken ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Violence Prevention Network e.V. in Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Deradikalisierung, Prävention und Online(de)radikalisierung. | Twitter: @tillbaaken

Weder übertreiben noch ignorieren: Religion in der praktischen Deradikalisierung und Extremismusprävention
Religion ist kompliziert: Besonders im öffentlichen Diskurs wird „dem Islam“ häufig ein inhärenter Hang zu religiös begründeter Gewalt und Terrorismus unterstellt. In der wissenschaftlichen Debatte jedoch ist der tatsächliche Einfluss von Ideologien, und als solche muss eine politisierte Form von z.B. Islam verstanden werden, auf (De-)Radikalisierungsprozesse durchaus umstritten. Bisweilen wird sogar der Ausschluss von Religion aus Präventions- und besonders Deradikalisierungsmaßnahmen gefordert. Die Erfahrungen der Praxis sprechen allerdings für einen Einbezug von Religion in die Extremismusprävention, ohne ihren Stellenwert zu überhöhen.