German debates about the Israel-Gaza war often get caught up in polarising terminology. This applies in particular to the dispute whether a genocide is occurring. Apart from the legal assessment currently being made by the International Court of Justice, a parallel, polemical discussion about the concept of genocide distracts from actual priorities for action. The war has already cost tens of thousands of lives, and many more Palestinians will die as a direct and indirect consequence of the war. The mass violence against civilians and the destruction of conditions of life in Gaza must end immediately – regardless of whether the legal conditions for genocide are met.
Schlagwort: Humanitäres Völkerrecht
Israel-Gaza jenseits des Genozid-Begriffs: Massengewalt gegen Zivilist*innen jetzt beenden
Deutsche Debatten über den Israel-Gaza-Krieg verfangen sich oft in polarisierenden Begrifflichkeiten. Das gilt insbesondere für den Streit um das Vorliegen eines Genozids. Abgesehen von der juristischen Einschätzung, die derzeit der Internationale Gerichtshof vornimmt, lenkt eine parallellaufende, polemische Diskussion um den Völkermordsbegriff von den eigentlichen Handlungsprioritäten ab. Der Krieg kostete schon Zehntausende das Leben, noch viel mehr Palästinenser:innen werden an direkten und indirekten Kriegsfolgen sterben. Die Massengewalt gegen Zivilist:innen und der Entzug von Lebensgrundlagen in Gaza müssen sofort beendet werden – unabhängig davon, ob juristisch die Bedingungen für einen Genozid erfüllt sind.
Mass Evacuations in Israel’s War Against Hamas: Taking Precautions in Attack or Forced Displacement?
The attacks of Hamas against Israel were deeply shocking. Israel has a right to defend itself against Hamas and at the same time it is obliged to protect the civilian population of Gaza as far as possible from harm and injury. But Israel is currently facing a true dilemma. While Israeli Defense Forces try to evacuate as many residents as possible, Hamas uses civilians as human shields, including hostages. The humanitarian situation in Gaza is dire and mass evacuations further exacerbate the problem.
Eine politische Naturkatastrophe in Nordwestsyrien – das Erdbeben und das Versagen der internationalen Gemeinschaft
In den frühen Morgenstunden des 6. Februar verwüsteten ein Erdbeben der Stärke 7.8 und mehrere Nachbeben das syrisch-türkische Grenzgebiet. Fast 40.000 Menschen haben bisher in beiden Ländern ihr Leben verloren, darunter mehr als 3500 in Syrien. Ein weiterer Anstieg der Todeszahlen wird befürchtet. Die bisherigen Schätzungen legen nahe, dass die meisten Toten und Verletzten innerhalb Syriens im von Rebellen kontrollierten Nordwesten des Landes zu beklagen sind, der schon zuvor durch Jahre des Krieges und der gezielten Zerstörung von Infrastruktur durch die syrische Regierung und Russland extrem gelitten hatte. Erneut hat die internationale Gemeinschaft die Menschen in Nordwestsyrien im Stich gelassen.
Kein Schutzanspruch gegen Drohnenangriffe? Das Urteil des BVerwG zu US-Drohneneinsätzen im Jemen mittels Ramstein
In der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 25. November 2020 zur Nutzung der US-Luftwaffenbasis Ramstein für Drohneneinsätze erkennt das Gericht erstmals die grundsätzliche Möglichkeit des Bestehens einer extraterritorialen Schutzpflicht der deutschen Staatsgewalt an. Danach können auch gegenüber im Ausland lebenden Ausländerinnen und Ausländern im Fall von Grundrechtsbeeinträchtigungen durch andere Staaten grundrechtliche Schutzpflichten bestehen. Bisher waren derartige Pflichten zum Ergreifen von staatlichen Schutzmaßnahmen lediglich in Inlandsfällen oder gegenüber Deutschen im Ausland anerkannt. Ungeachtet dieses grundsätzlichen Fortschritts wies das BVerwG jedoch im konkreten Fall einen individuellen Anspruch auf Schutz des Lebens dreier Kläger aus dem Jemen gegen die Bundesrepublik Deutschland zurück. Die folgenden Überlegungen beruhen auf der mündlichen Urteilsbegründung.
The Death of Abu Bakr al-Baghdadi: Yet Another Targeted Killing?
The death of fugitive Islamic State leader Abu Bakr al-Baghdadi, killed in a US raid in northwest Syria on Saturday, sparked little controversy among international leaders and the media. It is understandable that the international community is relieved after the death of al-Baghdadi, one of the most sought after international terrorists. After all, the Islamic State has committed mass atrocities, war crimes and other brutal and inhumane acts under his leadership. However, the operation that led to al-Baghdadi’s death should not be taken lightly. If we don’t address cases of targeting operations with enough scrutiny, they might serve as a blueprint for a further normalization of targeted killing practices in the future.
Assad könnte in Idlib wieder Giftgas einsetzen – doch eine militärische Antwort wäre falsch
Es ist, in Anlehnung an Gabriel Garcia Marquez, die Chronik eines angekündigten Massenverbrechens: In der Provinz Idlib setzen das syrische Regime unter Bashar Al-Assad und sein russischer Verbündeter Wladimir Putin an, die letzte der einmal zahlreichen Rebellenenklaven zurückzuerobern. Und einmal mehr wiederholen sich Muster der Grausamkeit und Hilflosigkeit, die leidgeplagte Syrer und internationale Beobachter seit Beginn des Bürgerkrieges allzu gut kennengelernt haben.
Das Humanitäre Völkerrecht: Eine Erfolgsgeschichte auf dem Prüfstand
Das Humanitäre Völkerrecht – das ius in bello – ist eine der großen völkerrechtlichen Errungenschaften. Am 8. Juni 2017 jährte sich die Unterzeichnung der beiden Zusatzprotokolle von 1977 zu den Genfer Abkommen von 1949 zum 40. Mal. Die Genfer Abkommen werden in zwei Jahren ihren 70. Geburtstag feiern – eine Erfolgsgeschichte. Zugleich wird das Humanitäre Völkerrecht in den letzten Jahren immer wieder auf eine harte Probe gestellt. Nicht-internationale bewaffnete Konflikte wie in Syrien lassen Grenzen und Schwächen des derzeitigen völkerrechtlichen Systems auch jenseits des ius in bello hervortreten. Stößt das Recht an seine Grenzen?