Am 5. Februar 2020 wurde in Thüringen der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit den Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten des Landes gewählt. Ein Novum, das viele als Dammbruch bewerteten. Am Abend des 19. Februar 2020 ermordet ein von rassistischen Motiven getriebener Täter 9 Menschen. Kein Novum. Seit 1990 kamen in Deutschland über 200 Menschen durch rechtsextreme Gewalt ums Leben – 12 Mordopfer sind alleine seit Juni 2019 zu beklagen. Die beiden Ereignisse liegen nicht auf derselben Ebene, stehen aber in einem Zusammenhang: Sie verdeutlichen die Gefahr, die von extrem rechten und rassistischen Einstellungen ausgeht. Die Ereignisse stehen aber auch für eine Zivilgesellschaft, die aufsteht, Bündnisse mit der AfD zurückweist, sich mit den Opfern der Gewalt und deren Familien solidarisiert. Dies war nicht immer der Fall. Die Sensibilität hat zugenommen, und dies birgt Potential: Es bedarf eines Antirassismus-Mainstreamings.
Schlagwort: Rechtsextremismus

Zur Erinnerung vor den Wahlen in Brandenburg und Sachsen: Das Problem AfD heißt nicht Ostdeutschland
Am Wochenende wird in Sachsen und Brandenburg ein neues Parlament gewählt. Wahlumfragen prognostizieren der autoritär-nationalradikalen Partei Alternative für Deutschland (AfD) starke Zugewinne – nicht ausgeschlossen, dass sie in einem der beiden Länder gar stärkste Kraft wird. Die Republik blickt dreißig Jahre nach dem Mauerfall mit eher düsteren Gefühlen gen Osten. Es scheint eindeutig: Rechte Erfolge sind ein Problem des Ostens. Vor den Wahlen möchte ich daran erinnern, dass diese Sicht der Dinge den Entwicklungen nicht gerecht wird. Es gibt Spezifika der ostdeutschen Transformationsgesellschaft, aber ein Sonderfall ist Ostdeutschland nicht. Es braucht eine sachliche Debatte über das je lokale Zusammenspiel von Demokratieverdruss, Abstiegserfahrungen, sozialer Lage sowie Fremdenfeindlichkeit und Rassismus – und dies in beiden Teilen des Landes. Verallgemeinernde Schlüsse über den Osten Deutschlands sind Teil des Problems.
Der Frankfurter Polizeiskandal: Über Sicherheitsbehörden, Rechtsextremismus und die Notwendigkeit einer Fehlerkultur
Die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız und ihre Familie erhalten seit mehreren Monaten Morddrohungen im Namen eines „NSU 2.0“. Offensichtlich nutzen die Täter dafür nicht-öffentliche Informationen aus einem Polizeicomputer. Eine kritische Öffentlichkeit verlangt Aufklärung und das Bekanntwerden weiterer rechtsextremer Vorfälle in Sicherheitsbehörden wirft die Frage auf: Haben wir ein strukturelles Problem? Die Polizeiforschung zeigt indes: die Problematik ist nicht neu und sowohl der institutionelle Umgang als auch gesellschaftliche Umstände begünstigen extrem rechte Tendenzen. Helfen kann nur eine konsequente Fehlerkultur.