Die Massenproteste gegen Rechts haben deutlich gemacht: Viele Menschen wollen dem Erstarken der extremen Rechten nicht länger zuschauen. Sie wollen eine demokratische Gesellschaft ohne Wenn und Aber. Dabei dürften die Proteste eher einen lautstarken Anfang als das Ende der Auseinandersetzungen markieren. Denn die Entwicklungen und Krisen, die der extremen Rechten den Nährboden bereiten, bestehen weiterhin. Der zivilgesellschaftliche Aufbruch ist dabei zugleich Angebot und Aufforderung an die Politik, eine andere Mitte zu finden, die sich von den nach Rechts schielenden Narrativen der „Besorgten Bürger“ löst.
Schlagwort: Rechtsextremismus
Antimuslimischer Einstellungsrassismus als Faktor rechter Radikalisierung
Zum 21. September 2023 kam es zu einem großen Aufschrei in den Medien – mehr als 8% der Deutschen besitzen ein rechtsextremes Weltbild. So hatte die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung einen beachtlichen Anteil und Anstieg rechtsextremer Einstellungen ermittelt. Begleitet wird dies durch aktuelle Wahlumfragen in Ostdeutschland, die einen Siegeszug der – in Sachsen und Thüringen gerade vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuften – AfD prophezeien. Doch wie konnte es zu diesem Erfolgen der extremen Rechten kommen? Eine Vermutung ist die extreme Ablehnung muslimischer Migration. Dieser Blogbeitrag beleuchtet, welche Rolle antimuslimische Einstellungen für die Mobilisierung der extremen Rechten spielen.
Drei Jahre nach Hanau: Wie inklusiv ist die deutsche Erinnerungskultur?
Der rechtsterroristische Anschlag von Hanau, bei dem 2020 neun Menschen mit Migrationsgeschichte aus rassistischen Motiven ermordet wurden, reiht sich in eine Historie rechtsextremer Gewalttaten in Deutschland. Welchen Stellenwert hat diese rassistische Gewalt im kollektiven Gedächtnis? Debatten zur Öffnung deutscher Erinnerungskultur haben vor allem der Frage gegolten, wie die NS-Vergangenheit und deutsche historische Verantwortung in der Migrationsgesellschaft vermittelt werden können. Im Gedenken an die Opfer von Hanau gerät die Chance einer inklusiven Erinnerungskultur stärker in den Blick: Wie können die Kontinuitäten rechtsextremer Gewalt, die Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland erfahren, für die deutsche Gesellschaft insgesamt zugänglich gemacht und erinnerungskulturell bearbeitet werden?
„Wutwinter“, heißer Herbst und Klimakrise: Ohne sozial-ökologische Vision erstarkt die extreme Rechte
Die Energiekrise stellt die Gesellschaft vor große soziale und politische Herausforderungen. Intensiv wird über den kommenden „Wutwinter“ und heißen Herbst diskutiert, während erste Proteste bereits stattfinden. Protest ist nichts Negatives und gehört zur demokratischen Willensbildung. Es gilt aber das Protestgeschehen auf den demokratischen Gehalt zu befragen und Initiativen von Links und Rechts nicht über einen Kamm zu scheren. Erneut droht, wie schon bei Pegida und den Corona-Protesten, die extreme Rechte von der gesellschaftlichen Stimmung zu profitieren. Um hier entgegenzuhalten, könnte es helfen, die Diskussionen um die Energiekrise von dem Fokus auf Russland zu lösen und umfassender im Kontext der Klimakrise zu verhandeln.
Eine polarisierte Stadt. Die Corona-Proteste, Demokratieverdruss und die Rolle der Lokalpolitik in Freiberg
Seit 2021 fanden im mittelsächsischen Freiberg über 60 „Spaziergänge“ gegen die Coronapolitik statt. Wie im ganzen Freistaat wurden die Proteste von den extrem rechten „Freien Sachsen“ dominiert. Auch Mandatsträger:innen von Parteien unterstützten sie. Die Kommunalpolitik reagierte nur zögerlich. Erst ein Appell der Zivilgesellschaft veränderte die Situation: Der Oberbürgermeister distanzierte sich deutlich und wurde wiedergewählt. Nun braucht es politische Antworten auf anhaltende Polarisierung und Demokratieverdruss in der Region.
Prävention von Rechtsextremismus: Erfahrungen und Herausforderungen für Evaluation und wissenschaftliche Begleitung
Rechtsextremismusprävention hat sich zu einem vielfältigen Arbeits- und Handlungsfeld entwickelt. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich teils eigene Qualitätsstandards sowie umfassende Evaluationserfahrungen herausgebildet. Auf Grundlage einer standardisierten Befragung sowie von Hintergrundgesprächen und Workshops im Rahmen des PrEval-Projekts fasst dieses Spotlight Erfahrungen und Herausforderungen zusammen, die von Praktiker.innen der Präventionsarbeit berichtet werden. Die Bedarfe und Anforderungen der Praxis, die sich daraus ergeben, sollten bei der Konzeption von Evaluationen und Maßnahmen zur Qualitätssicherung berücksichtigt werden.
AfD, Corona-Pandemie und (städtische) Geographien der Peripherisierung
Der Aufstieg der AfD scheint im Superwahljahr 2021 gebremst. Die Verluste in den Landtagswahlen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind aber kein Zeichen für den Anfang vom Ende der Partei. Bei ihrem Parteitag am vergangenen Wochenende hat die AfD in den Corona-Maßnahmen eindeutig ihr neues Feindbild gefunden, dem sie das Narrativ einer vermeintlich heilen Normalität entgegensetzt. Die Verluste sollten ebenso wenig als ein Zeichen dafür gedeutet werden, dass die dem Wahlerfolg von 2017 mitunter zugrundeliegenden sozialen Konfliktlagen und Polarisierungen in der Gesellschaft zurückgedrängt worden wären. Im Gegenteil: Die Geographie der Pandemie deckt sich erstaunlich stark mit jener des Wahlerfolgs der AfD. Das Konzept der Peripherisierung bietet sich an als Klammer für die beiden Dimensionen, Wahl der AfD und hohe Covid-19-Inzidenzen, und erlaubt es, das Nebeneinander und die Verwobenheit unterschiedlicher sozialer und politischer Phänomene zu beleuchten.
Radikalisierung und Terrorismus – in Buchform unter den Weihnachtsbaum?
Die Themen Extremismus, Radikalisierung, Terrorismus und Terrorismusbekämpfung sind aus der gesellschaftlichen Debatte in Deutschland nicht mehr wegzudenken. Diese findet oftmals in einem Modus der Aufgeregtheit statt, sodass wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse, Differenzierungen und Querverbindungen sowie kritische Blickwinkel auf diese Phänomene nicht immer angemessen berücksichtigt werden. Die Forschungsgruppen Radikalisierung und Terrorismus stellen deshalb eine kleine Liste von lesenswerten Werken im Feld zusammen. Und während es zunächst so scheinen mag, als wären die Themen wenig für die besinnliche Zeit geeignet, so sprechen sie doch große Herausforderungen gesellschaftlichen Wandels zugänglich an – und tragen somit zu besser informierten Debatten bei: ein Geschenk für alle. Wir wünschen eine entspannte Zeit mit spannenden Büchern!
A New Wave of Right-Wing Terrorism
Right-wing terrorism is a growing threat for democratic societies globally. With rising numbers in death tolls and far-right narratives creeping into the mainstream, the extreme right assumed a new face through the digital dissemination of extremist propaganda and trivialising violence – thereby attracting new audiences. Greater cooperation is required between the state, researchers, and tech companies to address the manipulative strategies used by these groups.
The Great Divide? The Online-Offline Nexus and Insights from Research on the Far-Right in Germany
Research financed in the framework of the BMBF’s public security programme is still predominantly occupied with two issues: “online-radicalization” and “international terrorism”. The emphasis on „international terrorism“ still leads to an exclusive focus on “Islamist terrorism” and completely ignores the discussion of and a stronger need for research on right-wing terrorism. The emphasis on “online-radicalization” on the other hand misses the importance of also looking at the offline dimension of any phenomena under investigation.